Die Diagnose

Diese Blogeinträge sind meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke. Falls ich etwas falsch wiedergegeben habe, möge man es mir nachsehen, (genauso wie Rechtschreibfehler). Vielleicht interessiert es Euch, was passiert, wenn man diese Diagnose bekommt.

Life is what happens while you’re busy making plans – John Lennon

Eigentlich hatte der Sommer ganz gut begonnen. Die Coronalage schien sich zu entspannen, die erste Impfung hatte ich schon hinter mir, die zweite stand kurz bevor. Und endlich haben wir es auch geschafft, ein Zimmer als mein Arbeitszimmer herzurichten. Die Ideen für einen neuen Roman schwirrten in meinem Kopf herum und die ersten Kapitel hatte ich bereits geschrieben. Unser Schottlandurlaub musste zwar zum zweiten Mal gecancelt werden, aber dafür hatten wir uns für eine Woche Sylt im September entschieden. Die Vorfreude darauf ist ja auch schön.

Und dann war da dieser Routinetermin, Mammographie, alle zwei Jahre. Eigentlich eher ein lästiges Übel, aber wichtig, also ging ich natürlich hin. Die Wartezeit auf das Ergebnis kam mir im Nachhinein länger vor, als ich das bei dem Vorigen in Erinnerung hatte, doch vielleicht war das auch nur Einbildung. Als ich den Brief dann in der Hand hielt, schoss mir als Erstes durch den Kopf, dass dieser aber dicker war, als der vor zwei Jahren.

Man teilte mir mit, dass »zur abschließenden Befundung die Durchführung ergänzender Untersuchungen angezeigt ist«. 

Hm.

Sofort ist da ein mulmiges Gefühl, auch wenn man sich direkt einredet, dass das sicher nur Routine ist und das da nichts Schlimmes bei rauskommen wird. Immerhin steht als letzter Satz ja auch im Schreiben: »Bitte verstehen Sie diese Einladung nicht als Nachricht, dass ein bösartiger Befund vorliegt.«

Und trotzdem ging das Kopfkino immer wieder los.

Ich war schon sehr nervös, als ich dann die Praxis betrat und darauf wartete, dass die Untersuchungen losgingen.

Eine sehr nette Ärztin erklärte mir dann, dass sie auf den Bildern einen Knoten entdeckt hätten und dass dieser abgeklärt werden müsste. Noch einmal wurden Mammographieaufnahmen gemacht und dieses Mal auch eine Ultraschalluntersuchung. Danach teilte sie mir mit, dass sie gerne eine Biopsie machen würde, um zu testen, ob dieser Knoten gut- oder bösartig wäre. Ich war darauf gar nicht vorbereitet und fühlte mich etwas überrumpelt, weil dies an Ort und Stelle geschehen sollte. 

Während der Biopsie, die völlig schmerzlos war, hat sich eine Medizinische Fachangestellte sehr lieb um mich gekümmert und auch die Ärztin hat versucht, mich mit Fragen zu meinen Romanen abzulenken. Ich muss wirklich sagen, dass ich von der empathischen Art der beiden positiv überrascht war.

Jetzt hieß es nochmal eine Woche warten bis zur »Urteilsverkündung«. Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese Wartezeit eine kleine Folter war. Einerseits möchte man diese Ungewissheit sofort beendet wissen, andererseits will man aber lieber gar nicht hingehen, weil man Angst vor dem Ergebnis hat und sich fragt, wie es dann wohl weitergehen wird.

Dass es weitergehen würde, habe ich dann erfahren. Der Befund habe ergeben, dass dies ein bösartiger Knoten wäre und man ihn auf jeden Fall entfernen müsse. Aber die ersten Ergebnisse wären positiv, man könnte den Krebs gut behandeln und eine Therapie sei erfolgversprechend. Ich habe die Worte der Ärztin noch im Ohr: »Das rocken Sie.«

Mit dem Befund und einer CD habe ich die Praxis dann verlassen. Nach dem ersten Schock wurde ich wieder ruhiger, weil ich jetzt Gewissheit hatte. Und die Prognosen hörten sich nicht schlecht an, daran wollte ich mich festhalten.

Am nächsten Tag bekam ich einen Termin im Klinikum Leverkusen, mein Glück, denn es hatten zwei Patientinnen abgesagt. An diesem Tag hat es sehr heftig geregnet, wie die Tage zuvor bereits auch schon, doch was jetzt an Wassermassen herunterkam, war außergewöhnlich.

Ich wurde dort sehr nett von zwei sogenannten ›Breast Care Nurses‹ empfangen. Sie haben mir wirklich alles ganz genau und mit beneidenswerter Geduld erklärt. Das Gleiche gilt für eine Ärztin, die sich ebenso viel Zeit genommen hat. Als ich die Klinik schließlich wieder verlassen habe, hatte ich einen Ordner mit jeder Menge Unterlagen, Broschüren und Untersuchungsterminen unter dem Arm. Der Rückweg war dann ein kleines Abenteuer, denn der Regen war nicht ohne Folgen geblieben und einige Straßen waren bereits gesperrt. Auch ich musste durch eine Unterführung fahren, in der das Wasser schon die Fahrbahn geflutet hatte.

Dieses Unwetter hatte dann zur Folge, dass das Klinikum für ein paar Tage evakuiert werden musste. Zum Glück ist niemandem etwas passiert. 

Mein erster Termin war eine Knochenzintigraphie. Ich wusste zwar, wozu die gemacht werden sollte (um eventuelle Metastasen sichtbar zu machen), aber nicht, wie der genaue Ablauf sein würde. Und es war vielleicht auch gut so, dass ich dies vorher nicht gegoogelt habe. Zuerst wird einem eine leicht radioaktive Substanz gespritzt, danach wird zwei bis drei Stunden gewartet. Die Aufnahmen werden dann von einer Gammakamera gemacht. Das ›Ding‹ ist zwar keine Röhre wie ein MRT-Gerät, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass es so dicht auf einen herunterfährt. Ich leide etwas unter Platzangst, deswegen war diese Untersuchung, die etwa dreißig Minuten gedauert hat, für mich eine echte Herausforderung. Außerdem bin ich auch nicht gerade die Schlankste, weswegen ich mich sowieso schon immer etwas unwohl fühle. Die Kleidung darf man übrigens anlassen, solange man nichts Metallisches an sich trägt.

Und ich war mehr als erleichtert, als es dann endlich vorbei war. Die Untersuchung tut überhaupt nicht weh, es ist wirklich die Enge, die einem zu schaffen machen kann. (Vielleicht bin ich auch einfach nur eine riesengroße Memme oder ich habe zu oft ›Final Destination‹ (die Solarium-Szene) gesehen.)

Der nächste Termin war dann im Leverkusener Klinikum, das zum Glück den Betrieb wieder aufgenommen hat. Diesmal war es ein CT und diesmal wusste ich, was mich erwartete. Zuerst trinkt man ein Kontrastmittel, dafür hat man ungefähr eine Stunde Zeit. Schließlich soll man sich auf eine Liege legen (auch hier darf die Kleidung anbehalten werden, nur den BH musste ich ausziehen, das Shirt konnte ich dann wieder drüberziehen). Die Liege fährt dann durch einen Ring hindurch, der aber nicht sehr eng ist. Außerdem bekommt man einen Zugang gelegt. Im Vergleich zu der Knochenzintigraphie war dies hier ein Spaziergang. Das Ganze war auch völlig schmerzlos, nur einmal wurde es kurz unangenehm, weil durch den Zugang etwas gespritzt wurde, was sich für einen Moment etwas komisch anfühlt. Ab und zu muss man die Luft anhalten und dann ist das Ganze auch schnell vorbei.

Ein paar Tage später ging es wieder in die Klinik, wo die Ergebnisse besprochen wurden. Zum Glück gab es keine bösen Überraschungen.

Heute stand die letzte Untersuchung vor der OP an. Nennt sich Sentinel-Lymphknotenmarkierung und dient dazu den Wächter-Lymphknoten zu identifizieren, denn dieser wird bei der OP mit entfernt. Sollte dieser nicht von Krebszellen befallen sein, brauchen auch keine weiteren Lymphknoten entnommen zu werden.

Diese Untersuchung wurde wieder von dem ›Ding‹ gemacht (siehe oben Knochenzintigraphie) und ich hatte schon Angst, dass es erneut so eng werden würde. Dieses Mal musste ich den Oberkörper frei machen. Vor den Aufnahmen bekommt man eine leicht radioaktive Substanz in die Brust gespritzt, dann werden die Bilder gemacht. Zum Glück fährt die Gammakamera nicht so dicht ans Gesicht heran und es geht auch wesentlich schneller. Nach einer bis anderthalb Stunden erfolgt noch einmal die gleiche Prozedur, dann ist man fertig.

Morgen ist die OP, wie es danach weitergeht, werde ich spätestens nach einer Woche erfahren.